Nominiert 2014
Michael Müller, Hornburg vs. Landkreis Wolfenbüttel

Nach außen oder nach innen? – Zumutbarkeitsgrenzen beim Denkmalschutz: Streit um die Öffnungsrichtung von Fenstern

Herr Müller wurde mit dem hier dargestellten Fall für den Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-§§-Dschungel 2014 nominiert.

Michael Müller ist selbständiger Restaurator im niedersächsischen Hornburg, wo er auch ehrenamtlich als Stadtführer arbeitet. Seit 30 Jahren betreibt er mit Unterstützung seiner Familie aktiven Denkmalschutz in Bezug auf den Erhalt des kulturellen Erbes seiner Stadt. Bei seinem Vorhaben, das von ihm und seiner Frau bewohnte und auch als Werkstatt genutzte, denkmalgeschützte, zweitälteste Ackerbürgerhaus der Altstadt Hornburgs aus dem Jahr 1526 zu restaurieren und es somit auch als Kulturgut vor dem Verfall zu retten, geriet er mit dem Landkreis Wolfenbüttel als zuständige Bauaufsicht und der Denkmalschutzbehörde in einen bis heute andauernden Konflikt.  Dabei hat sich Herr Müller nicht zum Ziel gesetzt, sich geltendem Recht zu widersetzen. Vielmehr ist ihm daran gelegen, den Denkmalschutz, den er seit Jahrzehnten auf eigene Kosten aus Leidenschaft betreibt, mit seinen privaten berechtigten Interessen als Hauseigentümer und –bewohner unter einen Hut zu bekommen.

Info: Hornburg ist eine Kleinstadt im Landkreis Wolfenbüttel (Niedersachsen). Die Hauptwirtschaftszweige sind der Tourismus, die Landwirtschaft und die papierverarbeitende Industrie. Hornburg ist die Geburtsstadt des zweiten deutschen Papstes Clemens II. (1046–1047). Hornburg, das am Fluss Ilse liegt, ist eine Fachwerkstadt und staatlich anerkannter Erholungsort.

Seiner großen Ära verdankt Hornburg seine reich verzierten Renaissance-Fachwerkhäuser mit den überkragenden Stockwerken und Schmuckbalken, die mit ausgemalten Fächerrosetten, Fächerfriesen und Spruchbändern reich verziert sind.

Quelle: wikipedia.org/wiki/Hornburg

 

 

In den letzten drei Jahrzehnten haben Herr Michael Müller und seine Frau Ellen Müller viel Zeit, Hingabe und Geld in die Restaurierung der Dächer, der Fenster und der Fassade ihres Hauses gesteckt. Die meisten Arbeiten macht Herr Müller selbst – nach der Arbeit und in seinem Urlaub. Auf seinem Grundstück stehen das historische Haupthaus zur Straßenseite, das benachbarte Haus welches auch zum Grundstück gehört und noch drei weitere Nebengelasse, die eine Art Atrium umfassen. In einem der Nebengelasse betreibt Herr Müller seine Werkstatt als Möbelrestaurator.

Seinen ersten Bauantrag zur Rekonstruktion der Fachwerkfassade, die im 19. Jhd. durch einen damals vorgenommenen Ladeneinbau entstellt wurde, stellte Herr Müller am 18.08.1998 und erhielt für sein Vorhaben am 07.09.1998 die Genehmigung vom Landkreis Wolfenbüttel und der Denkmalschutzbehörde. Die Rekonstruktion des Obergeschosses seines Hauses begann im September 1998 und wurde im November 1998 fertig gestellt. Da jedoch , wie uns Herr Müller berichtete, die ihm vom Landkreis ursprünglich in Aussicht gestellten Fördermittel in Höhe von damals 15.000,-DM verwehrt blieben, konnte er aus finanziellen Gründen sein Bauvorhaben (Rekonstruktion des Untergeschosses) erst drei Jahre später, im Juni 2001, fortsetzen.
Nachdem die zuständige Behörde von Herrn Müller aufgrund von ihm teilweise modifizierten Maßnahmen in der Rekonstruktionsplanung die Einreichung eines neuen Bauantrages verlangte, reichte Herr Müller diesen am 07.06.2001 ein und erhielt auch am 10.08.2001 eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung, die mit mehreren Nebenbestimmungen versehen war.

Anm.: An dieser Stelle sei zum Verständnis des Falles auf den Umstand verwiesen, dass Herr Müller dieses Haus in der gesamten Zeit mit seiner Familie als Wohnhaus nutzte und er somit beim gesamten Vorhaben neben dem Erhalt des Kulturdenkmals auch die Effektivität und Nutzbarkeit des Hauses zu Wohnzwecken im Augen behalten musste.

Eine dieser Nebenbestimmungen sah vor, dass Herr Müller, die Fenster im Obergeschoss, die im Jahr  1998 von ihm nur in Form von provisorischen, einfachen Scheibenverglasung eingebaut wurden, durch „denkmalgerechte  Fenster“ ersetzen solle – und zwar durch Kreuzstockfenster, die sich nach außen öffnen ließen. Fenster derselben Art sollte Herr Müller auch im Erdgeschoss einbauen, um den nach Auffassung der Denkmalschutzbehörde notwendigen  denkmalschutzgerechten Zustand wieder herzustellen.
Die Wahl der zunächst provisorisch eingebauten einfachen Fenster war zum Zeitpunkt der Durchführung der Baumaßnahmen notwendig, da der natürliche Trocknungsprozess des von Herrn Müller für die Fassade verwendeten Eichenholzes und damit die Sicherung der Bausubstanz berücksichtigt werden musste. Herr Müller plante nach Abschluss des Trocknungsprozesses die provisorischen Fenster durch denkmalgerechte Kreuzstockfenster zu ersetzen, die sich jedoch nach innen öffnen lassen sollten.

Da Herr Müller und seine Familie die Finanzierung der Baumaßnahmen mangels Bewilligung von Fördermitteln  vollständig aus eigenen Mitteln stemmen mussten, verzögerte sich die Durchführung der geplanten Baumaßnahmen auf vier Jahre und konnte nur streckenweise voranschreiten.

Vorgaben der Denkmalschutzbehörde mit Interessen des Eigentümers unvereinbar

Nachdem Herr Michael Müller mit Schreiben vom 31.05.2005 vom Landkreis Wolfenbüttel als zuständige Bauaufsichtsbehörde aufgefordert wurde, die in der Nebenbestimmung des Bescheides aus dem Jahr 2001 benannten Fenster (mit Öffnungsrichtung nach außen) einzubauen, vereinbarte Herr Müller Ende Juni 2005 einen Orts- und Gesprächstermin mit dem zuständigen Denkmalschützer des Landkreises und dem Stadtdirektor der Stadt Hornburg, um seine Begründung für den Einbau innendrehender Fenster darzulegen. Denn die Notwendigkeit der Drehrichtung nach Innen ergab sich insbesondere aus verkehrstechnischen Gründen:

Die Wasserstraße ist eine relativ enge Straße mit sehr schmalen Gehwegen. Der auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegende gastronomische Betrieb wird täglich durch LKWs beliefert. Aufgrund der auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkenden Fahrzeuge müssen die Fußgänger überwiegend vor dem Haus der Müllers langlaufen. Bei geöffnetem Fensterflügel ist die noch zu verbleibende Distanz zur Straße so gering, dass Fußgänger, z.B. eine Frau mit Kinderwagen, auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Fahrradfahrende Kinder unter 12 Jahren die den Gehweg benutzen dürfen und auch sollen, wären hier eindeutig gefährdet, wenn die Fenster im Gehwegbereich nach außen geöffnet werden. Problematisch ist auch, dass Kraftfahrzeuge die abgesenkten Gehwege regelmäßig als Fahrbahnbereich nutzen und befahren.

Bauhistorischer Hintergrund von Drehrichtung der Fenster soll nachgewiesen werden

Als Ergebnis des Gesprächstermins musste Herr Müller erneut einen Antrag auf denkmalrechtliche Genehmigung der von ihm geplanten, nach innen drehenden Fenster einreichen und diesem auch geeignete Beweise für einen bauhistorischen Hintergrund dieser Fensterart beizufügen. Denn der Landkreis Wolfenbüttel beharrte weiterhin darauf, dass innendrehende Fenster weder der Genehmigungspraxis des Landkreises, noch der Gestaltungssatzung der Stadt Hornburg entspräche und auch nach historischen Erkenntnissen aus dem 16. Jahrhundert, in dem das Haus von Familie Müller erbaut wurde, nur feststehende oder Schiebefenster bekannt wären. Daher würde die von Herrn Müller vorgesehen Drehrichtung in Hinblick auf die Denkmalpflege in Hornburg eine neue Erkenntnis darstellen. Die im Ortstermin dargelegte Gefährdungssituation der Gehwegnutzer reichte dem Landkreis demzufolge als Begründung für die Abänderung der Drehrichtung nicht aus.

Am 29.08.2006 kam Herr Müller der Aufforderung nach und legte eine Fotodokumentation  vor, die noch vorhandenen Fenstern verschiedener Zeitepochen zeigte, welche sich noch heute in Hornburg befinden und die sich nach innen öffnen lassen.

Am  07.12.2006 erhielt Herr Müller trotz all seiner Bemühungen eine Ablehnung seines Bauantrages, mit dem er den Einbau von innendrehenden Fenstern beantragt hatte. Im Bescheid des Landkreises  Wolfenbüttel hieß es „die Genehmigung auf Ihren Antrag vom 28.01.2006 hin ist abzulehnen, da die dort vorgeschlagene bauliche Ausführung dem Denkmalrecht widerspricht.(…)Die von Ihnen geplanten nach innen drehenden Fenster (…) sind weitere Verfremdungen, die der Denkmaleigenschaft der Fassade abträglich sind, da sie im geschichtlichen Entwicklungsprozess des Hauses nicht belegbar und auch an vergleichbaren Objekten nicht überliefert sind.(…)“   Im Tenor der Entscheidung wurde ihm aufgegeben, sowohl im Untergeschoss, als auch im Obergeschoß außendrehende Fenster einzubauen.

Konflikt landet vor dem Verwaltungsgericht

Gegen diesen Bescheid des Landkreises vom 07.12.2006 erhob Herr Müller im Januar 2007 Klage zum Verwaltungsgericht Braunschweig. In seinem Klageantrag begehrte er neben der Aufhebung des Bescheides vom 07.12.2006 die (nachträgliche) Genehmigung des Einbaus von innendrehenden Fenstern.
Neun Monate nach Beginn des Gerichtsverfahrens, in dem Herr Müller nicht von einem Rechtsanwalt vertreten war, entschied er sich – entgegen der Anordnung des Landkreises-   im September 2007, historische, von ihm angefertigte und  nach innen drehende Fenster einzubauen. Hierfür war folgende Entwicklung wesentlich: Für außendrehende Fenster hatte Herr Müller erfahren, hätte er keinerlei Versicherungsschutz zu erwarten!

Ablehnung des Öffnens der Fenster nach außen durch Haftpflichtversicherer – Grenzen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Erhaltungspflichtigen?

Als Hauseigentümer trägt Herr Müller Verkehrssicherungspflichten, auch bezüglich des Gehwegabschnittes unmittelbar vor seinem Haus.  Anfang 2007 fragte er daher bei der Öffentlichen Sachversicherung Braunschweig an, ob Schäden, die dadurch entstehen, dass seine Fenster (insbesondere die im Erdgeschoss) sich nach außen öffnen und somit deutlich in den Passierbereich des Gehweges hineinragen, durch seine Haftpflichtversicherung abgedeckt wären. Im Antwortschreiben der Versicherung vom 05.02.2007 teilte die Versicherung, bezugnehmend auf eine durchgeführte Ortsbesichtigung vom 01.02.2007 mit, dass erhebliche Bedenken hinsichtlich des geplanten Vorhabens (Fenstereinbau mit Drehrichtung nach außen) bestehen, da dann eine eindeutige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bestünde. Fußgänger könnten auf dem schmalen Gehweg durch die zu öffnenden Fenster behindert oder gar geschädigt werden. Aus diesem Grund lehnt die Versicherung von Herrn Müller das Öffnen der Fenster nach außen ab und bat um Änderung der Drehrichtung der Fenster nach innen.

Wichtige Info:

Nach § 7 Absatz 1 bzw. Absatz 2 Nr.3 Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz (NDSchG) findet die Erhaltungspflicht von Kulturdenkmälern seine Grenzen, wenn die Erhaltungspflichten den Verpflichteten wirtschaftlich unzumutbar belasten. Dieses Merkmal liegt insbesondere dann vor, wenn die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch die Erträge oder Gebrauchswerte des Kulturdenkmals aufgewogen werden können (§ 7 Abs.3 Satz 1 NDSchG).

Bei dem Haus von Herrn Müller handelt es sich um ein Wohnhaus mit Werkstatt, Erträge oder Einnahmen hat er durch die Nutzung nicht. Für Schäden an Sachen und Personen, verursacht durch die verletzte Verkehrssicherungspflicht (in den Gehsteig hineinragende, geöffnete  Fensterflügel) müsste er selbst haften. Ob ihm dieses finanzielle Risiko im Sinne des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes wirtschaftlich zumutbar ist, mag wohl stark bezweifelt werden.

Der Landkreis Wolfenbüttel und die untere Denkmalschutzbehörde drängten jedoch trotz Kenntnis dieser Umstände auf den Ausbau der Fenster.

Klage scheitert

Mit Urteil vom 14.11.2007 wurde die Klage von Herrn Müller vom Verwaltungsgericht Braunschweig als unbegründet abgewiesen. Im Tenor des Urteils stellte das Gericht fest, dass Herr Müller kein Recht auf Einbau von innendrehenden Fenstern in sein Wohnhaus habe.
Hinsichtlich der von Herrn Müller durch Fotos belegten Beispielen für in Hornburg vorhandene und genehmigte innendrehende Fenster bei Bauwerken gleicher Epoche wie das seine, führt das Gericht aus, dass hier nicht wie von Herrn Müller behauptet eine Ungleichbehandlung vorläge, da „in allen vom Kläger als Beleg für eine abweichende Verwaltungspraxis benannten Fälle besondere Umstände vorlagen, die hier nicht gegeben sind. Zudem hat der Kläger zwar mehr als 20 solcher Fälle aufgeführt, gemessen an der Gesamtzahl nach außen drehender Fenster in der Hornburger Altstadt handelt es sich aber dennoch nur um eine kleine, dass Stadtbild nicht prägende Anzahl.(…)“

Dass Herr Müller alle Rekonstruktions- und Instandhaltungskosten selbst trägt, mit der Rekonstruktion der Fachwerkfassade einen nicht unerheblichen  Beitrag für die Stadt Hornburg in Bezug auf die städtebauliche Bereicherung leistet und er jedoch vor allem dabei das Haus mit seiner Familie als Wohnhaus nutzt und dieses daher auch annähernd aktuellen Wohnzwecken und Ansprüchen zur Nutzbarkeit genügen muss, wird vom Gericht nicht erwähnt.
Sehr fraglich bleibt somit, ob hier im Ergebnis die Verpflichtungen Herrn Müllers als sogenannter denkmalschutzrechtlich Erhaltungspflichtiger  mit seinen  berechtigten Interessen als Hauseigentümer und –bewohner in Einklang gebracht wurden.
Denn ein weiterer wesentlicher Punkt in der Entscheidung des Gerichts sind die Ausführungen hinsichtlich des Vortrages von Herrn Müller bezüglich der Verkehrsgefährdung und des fehlenden Versicherungsschutzes. Hierzu erklärte das Gericht:

„Soweit der Kläger meint, außendrehende Fenster im Erdgeschoss seien wegen der ausgehenden Gefahren für Fußgänger bauordnungsrechtlich unzulässig, teilt die Kammer diese Bedenken nicht. Es ist der Erhaltung denkmalgeschützter Bauwerke, die naturgemäß nicht nach den heute geltenden bauordnungsrechtlichen Bestimmungen errichtete wurden, immanent, dass sie eben nicht heute geltenden Standards und Normen angepasst werden müssen (und dürfen), wenn dies dem Denkmalschutz widerspricht. Der Einbau nach außen zu öffnender Fenster ist auch nicht aus anderen Gründen unzumutbar. Hinsichtlich der notwendigen Belüftung der Wohnräume ist es dem Kläger möglich, nur die oberen Fensterteile zu öffnen, die den Fußgängerverkehr nicht behindern. (…)“

Verhältnismäßigkeit wohl unberücksichtigt

Es ist erstaunlich, dass das Gericht in seiner Entscheidung die (von außen bei geschlossenen Fenstern überhaupt nicht erkennbare!) Drehrichtung der Fenster als denkmalgeschütztes Merkmal über die (wirtschaftlichen) Interessen des Hauseigentümers stellt und ihm damit auferlegt, entweder das mangels Versicherungsschutz bestehende gesamte Kostenrisiko für mögliche Personen- und Sachschäden zu tragen oder die Fenster gar nicht mehr zu öffnen.

Weiterhin dürfte die Verhältnismäßigkeit vorliegend auch dadurch beeinflusst werden, dass unberücksichtigt blieb, dass Herr Müller bereits zehntausende Euro in die denkmalschutzgerechte Restaurierung des Hauses investiert hatte und ihm keinerlei Fördergelder bewilligt wurden. Die von ihm im September 2007 eingebauten Kreuzstockfenster entsprechen, bis auf das Detail der Öffnungsrichtung, den denkmalschutzrechtlichen Anforderungen. Trotzdem wurde der Ausbau dieser Fenster von Herrn Müller gefordert.
Ob hier durch die beteiligten Behörden und durch das entscheidende Gericht tatsächlich eine sachgerechte Interessenabwägung unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit stattgefunden hat, ist den Entscheidungsgründen des Urteils nicht zu entnehmen.

Trotz Scheiterns vor Gericht:  Müller gibt nicht auf und wendet sich auch an die Öffentlichkeit

Auch nach dem ergangenen Urteil ließ sich Herr Müller nicht entmutigen.

„Das kulturelle Erbe der Stadt wird durch diese schablonenhafte und nicht problemlösungsorientierte Handlungsweise von Mitarbeitern der Denkmalschutzbehörde negativ beeinflusst.“ (M.Müller)

Denn Herr Müller hat Sorge, dass überzogene Forderungen der Denkmalschutzbehörde künftige Eigentümer verschrecken und dadurch der Denkmalschutz leidet.
In der Hoffnung auf ein Einlenken bemüht sich Herr Müller im Vertrauen auf  sein fundiertes Fachwissen als Restaurator und seine Kenntnisse im Denkmalschutz seither weiterhin engagiert um eine Einigung mit der Denkmalschutzbehörde hinsichtlich der Drehrichtung der Fenster und hofft auf ein Einlenken.

Im Mai 2009 wurde der norddeutsche Rundfunk auf den Fall von Herrn Müller aufmerksam und sendete einen Monat später einen entsprechenden Fernsehbeitrag über den Konflikt.

Im September 2009 reichte er im Niedersächsischen Landtag eine Petition ein und wendet sich in dieser gegen die Forderungen des Landkreises Wolfenbüttel in Bezug auf die in sein denkmalgeschütztes Wohnhaus eingebauten Fenster. Im Oktober 2010 teilte ihm der Landtag sodann die Stellungnahme des zuständigen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur mit, wonach ein rechtskräftiges Urteil nicht im Wege einer Petition aufgehoben oder abgeändert werden könne. Weiterhin würden auch keine neuen Beweise von Herrn Müller aufgeführt, die eine abgeänderte Entscheidung rechtfertigen würden.

Auch aufgefundenes Originalfenster mit Drehrichtung nach innen führt nicht zum Einlenken

Im  September 2009 gelangte ein Originalfenster aus der Zeit um 1890 (1885-1895) in die Hände von Herrn Müller. Dieses Fenster war nicht nur ein innendrehendes Fenster, es war zudem ein Fenster, das sich einst in der Fassade des Hauses von Herrn Müller befunden hatte. Dies konnte Herr Müller anhand der Maße und des noch vorhandenen Fachwerkgefüges seines Hauses belegen. Nachdem Herr Müller dies dem Landkreis mitteilte, forderte dieser eine entsprechende Argumentations- und Beweiskette (Dokumentation anhand von Fotos und bauhistorische Erläuterungen), die Herr Müller auch einreichte. Aufgrund der zu dieser Zeit bereits kunst- und mühevoll aufgearbeiteten Fassade seines Hauses, nutzte er zur Anfertigung der geforderten Digitalfotos die Hofseite seines Hauses, da an dieser das alte Fachwerkgefüge noch sichtbar war. Nach Einreichung der geforderten Unterlagen teilte der Landkreis  jedoch Herrn Müller per Email mit, dass durch die eingereichten Unterlagen es zwar möglich sei, dass sich das innendrehende Fenster einst an der Hofseite seines Hauses befunden hätte, jedoch noch nicht der Beweis geführt sei, dass sich ein entsprechendes (innendrehendes) Fenster auch an der Front des Hauses befunden habe.

Wie uns Herr Müller mitteilt, ist das Fachwerkgefüge eines Hauses an der Front- und Innenseite und damit auch die Position der Fenster dasselbe. Weiterhin sei auch die Wahrscheinlichkeit mehr als gering ist, dass in seinem Haus einst innendrehende Fenster im Hof, jedoch außendrehende an der Fassade eingebaut gewesen waren.

Stadt Hornburg schmückt sich in der Öffentlichkeit mit streitgegenständlicher Hausfassade

Aus verschiedenen uns vorliegenden Presseerzeugnissen (Braunschweiger Zeitung, Merian- Zeitorte, Stadtmarketing Hornburg) geht hervor, dass sich die Stadt in der Öffentlichkeit gerne mit der schönen und liebevoll rekonstruierten Fachwerkfassade des Hauses von Herrn Müller schmückt. Dass diese Fassade Gegenstand einer mittlerweile seit 15 Jahren andauernden Auseinandersetzung ist, da sie sich nach Ansicht der Behörden in einem nicht denkmalschutzgerechten Zustand befindet, erahnt der Betrachter wohl kaum.

Behörde verharrt auf ihrer eingesessenen Position: Ausbau der innendrehenden Fenster unter Zwangsgeldandrohung bis zum 30.03.2014

In den vergangenen Jahren erreichte Herr Müller durch sein stetiges Bemühen, der Vorlage von Fotodokumentationen zur baulich-historischen Entwicklung und der Durchführung von Ortsterminen mit Sachverständigen einen Aufschub der bereits im Urteil aus dem Jahr 2007 angedrohten Zwangsgelder. In den Jahren 2010 bis Anfang 2013 ruhte das Verfahren und Herr Müller hörte zu seinem Fall nichts mehr von den Behörden. Erst im Februar 2013 meldete sich der Landkreis unverhofft bei Herrn Müller und entfachte die Diskussion über den denkmalgerechten Zustand der eingebauten, nach innen drehenden Fenster erneut.

Herrn Müllers finanziellen Möglichkeiten sind mittlerweile erschöpft.

Vor kurzem wurde Herr Müller mit dem Thema „Denkmalschutz mit Maß/Augenmaß“ in den Stadtrat gewählt. Dort will er, neben der Medienansprache, Druck machen, auf das Problem und – wie er findet – auf die Behördenwillkür aufmerksam machen. Er bemängelt auch, dass die bereitgestellten Gelder für die Sanierung des Stadtkerns von Hornburg aus dem „Städtebaulichen Förderprogramm Niedersachsens“ (ca. 300.000 € im Jahr) von der Stadt nicht abgerufen werden und so nicht zu den Bürgern gelangen können, die den Erhalt der wertvollen, bedeutsamen Architektur des Landkreises sichern wollen.
Nach aktuellem Stand sollen die Zwangsmaßnahmen (angedrohtes Zwangsgeld, wenn verlangtem Rückbau der innendrehenden Fenster nicht Folge geleistet wird) bis zum 30.03.2014 durchgesetzt werden.

Müller engagiert sich weiter und hofft langfristig auf Wandel in der Denkmalschutzpraxis

Im September 2013 war Herr Müller mit seiner Familie offizieller Ausrichter am Tag des offenen Denkmals in Hornburg und hielt hier vor vielen interessierten Zuhörern einen Vortrag über das Fenster im Baudenkmal und die damit verbundenen Schwierigkeiten mit den Denkmalschutz-behörden.

Aktuell setzt sich Herr Müller mit einer Unterschriftenaktion für eine bürgernahe und denkmalgerechte Neuorientierung des Denkmalschutzes im Landkreis Wolfenbüttel und Umgebung ein. Knapp 800 unterzeichnende Unterstützer hat er bereits gewinnen können.

„Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit als Stadtführer in Hornburg und Osterwieck nutze ich die Möglichkeit, interessierte Menschen für den Erhalt unseres kulturellen Erbes und den damit verbundenen Verpflichtungen durch den Denkmalschutz aufzuklären und zu sensibilisieren und dass sich eine bessere Qualität durchsetzt zum Schutz der Objekte für künftige Generationen.“

(M.Müller, 28.12.2013)

Herr Müller setzt sich für die Gründung eines Fachwerkzentrums ein, welches mit Sitz im Hornburg überregional gleichermaßen beratend, vermittelnd und klärend tätig werden soll. Als Mitglied des Stadtrates von Hornburg wünscht sich Herr Müller auch die Einrichtung einer Clearingstelle.

Inspiriert zu dieser Idee hat Herrn Müller der Fall von Herrn Günther Jauch – Träger des Werner-Bonhoff-Preises aus dem Jahr 2008  – in dem unter anderem die Einrichtung einer sogenannten Clearingstelle für ein effektives Beschwerdemanagement erreicht wurde, die mit Hilfe von Mediation und ggf. einer Ombudsperson Lösungen von Konflikten mit dem Denkmalschutzamt außerhalb des Rechtsweges ermöglicht.

(Link: http://vv.potsdam.de/vv/oe/173010100000010399.php)

Stand der Falldarstellung: 01/2014

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