Jacqueline Steinlandt, BLINKER FuturePlanner, Berlin

Erfolgreiche Überwindung bürokratischer Hürden bei Vergabe staatlicher Zuschüsse an Auszubildende

Das Geschäftskonzept

Frau Steinlandt hat in mehreren Städten Deutschlands das Projekt BLINKER FuturePlanner und die online-TV-Plattform BLINKERTV gestartet. In sechs Beratungszentren in Berlin, Nürnberg, Hannover, Köln, Hamburg und Stuttgart werden motivierte Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz im dualen System erhalten, zu den umfangreichen Möglichkeiten der Finanzierung einer kostenpflichtigen Ausbildung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II und III beraten. Auf diesem Weg finden Jugendliche, die bereits in endlose Hartz-IV-Karrieren verloren zu gehen drohen, eine Ausbildung, ohne die in Deutschland kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt bestehen.

Für die jungen Menschen ist die Beratung kostenlos, Frau Steinlandt erhält für die Vermittlung dieser Ausbildungssuchenden von den privaten Ausbildungsanbietern eine Vermittlungspauschale, die jedoch nur gezahlt wird, wenn die Ausbildung nicht kurzfristig wieder abgebrochen wird. Aufgrund der großen Nachfrage finanziert die Unternehmerin so ihre unternehmerische Initiative und gibt vielen Jugendlichen damit die Hoffnung auf einen aussichtsreichen Start ins Erwerbsleben.

Bürokratische Hürden für Ausbildungssuchende

Frau Steinlandt schilderte uns einige Missstände, die bei der Vergabe von Leistungen und Zuschüssen nach dem SGB II und III an Auszubildende auftreten und oftmals verheerende Folgen für die Betroffenen haben.

Um ihren Lebensunterhalt und die Ausbildung finanziell abzusichern, sind diese jungen Menschen insbesondere auch auf staatliche Zuschüsse zu den Kosten für Unterkunft und Heizung angewiesen. Ohne diesen zusätzlichen Zuschuss ist es für die Jugendlichen meist unmöglich, die Kosten für ihre Ausbildung zu finanzieren.

Da ursprünglich die Kosten der Unterbringung bei einer auswärtigen Ausbildung innerhalb der staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten für Auszubildende nur in einer ungenügenden Höhe berücksichtigt wurden, hat der Gesetzgeber zum 01.01.2007 mit dem §§ 22 (7) SGB II unter der Überschrift „Leistungen für Unterkunft und Heizung“ einen Zuschuss zu den Unterkunftskosten eingeführt.

Nach Auffassung von Frau Steinlandt ist bereits der Prozess der Vergabe von BAföG-Mitteln langwierig und stellt damit auch für ihre Vertragspartner und ihr Unternehmen ein Problem dar. Bei der Vergabe des Zuschusses gebe es noch zusätzliche Unstimmigkeiten mit den Behörden. Vor allem die Bemessung der zuschussfähigen Unterkunftskosten führe regelmäßig zur Ratlosigkeit bei den Jugendlichen. Zum einen würde der Zuschuss wegen des bereits im erhöhten BAföG-Satz von 412 Euro für 2007 enthaltenen Teilbetrags für die Unterkunftskosten (64 Euro für die Kosten der Unterkunft und 52 Euro für die Nebenkosten) der außerhalb des Elternhauses wohnenden jungen Menschen übermäßig gekürzt. Hinzu komme, dass das Kindergeld in solchen Fällen ebenfalls als Einkommen betrachtet werde, das zur Deckung etwaiger Mietkosten geeignet sei und zur weiteren Kürzung der Leistung führe.

Als bei einer von Frau Steinlandt beratenen Auszubildenden im Jahre 2007 beide Probleme bei der Beantragung des Mietzuschusses auftraten, entschloss sie sich, eine Rechtsanwältin mit dem Fall zu betrauen. Die Auszubildende musste mithilfe des BAföGs (412 Euro) und des Kindergeldes (154 Euro) die Miete für ihre Wohnung in Höhe von 325 Euro bestreiten. Sie beantragte den besagten Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Bewilligungsbescheid wies einen Zuschuss von 85 Euro auf, d. h. die ursprüngliche Miete wurde zunächst um den im BAföG-Satz enthaltenen Teilbetrag von 116 Euro und anschließend um das Kindergeld in Höhe von 154 Euro gekürzt. Die erste Klage vor dem Sozialgericht hatte keinen Erfolg. Infolgedessen ging die beauftragte Rechtsanwältin vor das Landessozialgericht. Sie beantragte einen Zuschuss für die ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1) in Höhe von 261 Euro, das bedeutet, nach Berücksichtigung der im erhöhten BAföG-Satz enthaltenen Kosten für die Unterkunft von 64 Euro (§ 12 Abs. 3 BAföG).

In einem Vorverfahren wegen Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg am 07.02.2008 zugunsten der betroffenen Auszubildenden, dass der Zuschuss zu den Unterkunftskosten die angemessene Höhe der Miete insoweit decken sollte, wie der erhöhte BAföG-Satz dies nicht gewährleistet. Zurzeit berücksichtige der erhöhte BAföG-Satz Kosten in Höhe von 64 Euro für die Unterkunft und 52 Euro für die Nebenkosten (insgesamt 116 Euro), folglich seien 209 Euro Zuschuss an die Auszubildende zu zahlen. Das Kindergeld dürfe nicht wie nach den Regelungen des SGB II als Einkommen betrachtet werden, das die Zuschusshöhe mindert, sondern solle zusammen mit der BAföG-Zahlung die Kosten decken, die einer Auszubildenden entstehen. Die Berechnung des Einkommens müsse in diesem Fall nach den Regelungen des BAföG-Gesetzes erfolgen. Die Entscheidung stellt eine große Errungenschaft für BAföG-Bezieher dar.  

Zurzeit dauert noch ein Verfahren an, in dem entschieden werden muss, ob Auszubildenden, die gleichzeitig eine BAföG-Förderung in Höhe von 212 Euro (§ 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG) und Arbeitslosengeld in Höhe von 347 Euro erhalten, zusätzlich noch ein Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Mietaufwendungen zusteht. Ohne diesen Zuschuss haben insbesondere die Jugendlichen, die seit Jahren Arbeitslosengeld beziehen, keinen ausreichenden Anreiz, eine Ausbildung anzufangen; denn sie würden sich in dieser Ausbildungsphase finanziell schlechter stellen, als wenn sie weiterhin ihr Arbeitslosengeld bezögen. Aus vielen Beratungsgesprächen mit jungen Auszubildenden weiß Frau Steinlandt, dass die Jobcenter diesen Jugendlichen aus diesem Grunde raten, keine Ausbildung anzufangen; denn es sei aus finanzieller Sicht besser für sie, das Status quo zu erhalten. Das wirke höchst demotivierend auf die jungen Menschen.

Sehr schwierig gestaltet sich aus Sicht der angehenden Auszubildenden nach Meinung von Frau Steinlandt außerdem der Übergang aus der Arbeitslosigkeit in eine Berufsausbildung. In dem Augenblick, in dem die Jugendlichen das Jobcenter darüber in Kenntnis setzen, dass sie eine Berufsausbildung anfangen werden, stelle das Jobcenter alle Zahlungen ein und wartete die Entscheidung das BAföG-Amtes über die Höhe der eventuell von ihm gewährten Förderung ab. Es könne mehrere Monate dauern, bis das BAföG-Amt seine Entscheidung trifft. Die Jugendlichen seien in diesem Zeitraum auf sich allein gestellt. Meistens verfügten sie jedoch über keine Ersparnisse, aus denen sie ihren Lebensunterhalt in dieser Zeit bestreiten könnten. In Extremfällen könne es passieren, dass den sich am Anfang ihrer Ausbildung befindlichen Auszubildenden der Strom abgestellt oder sogar die Wohnung gekündigt werde, weil sie vorübergehend zahlungsunfähig seien. Frau Steinlandt bedauert es sehr, dass in solchen Fällen die Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, nach der in besonderen Härtefällen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von den Jobcentern als Darlehen geleistet werden können, oftmals nicht zur Anwendung kommt.

Stand der Falldarstellung: 05/2009

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