Andreas Markowsky, Ökostrom Erzeugung Freiburg GmbH, Ebringen

Bürokratische Hemmnisse bei der Planung und dem Betrieb einer Windkraftanlage

Das von Herrn Markowsky gegründete Unternehmen Ökostrom Erzeugung Freiburg beschäftigt sich mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, überwiegend in Form von Bürgerbeteiligungsmodellen. Im Jahre 1998 fasste Herr Markowsky den Entschluss, Windkraftanlagen in Freiburg zu bauen. Bis dahin wies der Flächennutzungsplan keine für das Projekt geeigneten Flächen aus. Herr Markowsky verzichtete jedoch darauf, eine gesetzliche Privilegierung geltend zu machen, und wartete, bis die Stadtverwaltung von sich aus entsprechende Flächen für derartige Projekte vorschlug. Der damalige Oberbürgermeister der Stadt war ein Gegner von Windkraftanlagen, deshalb war es nicht verwunderlich, dass die schließlich ausgewiesenen Flächen kaum einsehbar und windstill waren. Daraufhin ließ Herr Markowsky 48 Stadträte mit dem Hinweis anschreiben, dass nur windhöffige Flächen geeignet seien, um Strom aus der Windenergie zu erzeugen.

Baugenehmigung nach 3 Jahren mit Auflagen erteilt

Daraufhin forderte der Gemeinderat die Verwaltung auf, die Planung zu überarbeiten. Zu diesem Zweck wurde eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Sachverständigen, Vertretern der Verwaltung und von Verbänden, berufen. Nach drei Jahren Arbeit konnten zwei Flächen ausgewiesen werden, die von Behörden, dem Naturschutzbeirat und dem Gemeinderat gleichermaßen akzeptiert wurden. Erst danach reichte Herr Markowsky einen Bauantrag für eine Windanlagenfarm ein. Der Antrag wurde zwar nach kurzer Zeit von der Behörde genehmigt; er war jedoch mit zwei Auflagen versehen. Bauwerke mit einer Höhe von über 100 Metern bedürfen einer besonderen Flugkennzeichnung. Bei Windmühlen werden zur Flugsicherung ein weißes Blinklicht am Maschinenhaus oder rot-weiße Flügel als Tageskennzeichnung angebracht. Herr Markowsky beantragte die Tageskennzeichnung mit weißem Blinklicht. Das Regierungspräsidium entschied sich hingegen für rot-weiße Flügel, da es befürchtete, dass Hubschrauber sonst die Mühlen übersehen oder vorbei fliegende Wolken so klein sein könnten, dass sie nur das Maschinenhaus mit den weißen Lichtern einhüllten. Nach erfolglosem Widerspruch gegen die Versagung der Kennzeichnung durch Lichter begann Herr Markowsky, Windmühlen mit rot-weißen Flügeln zu bauen, um weitere Verzögerungen zu vermeiden.

Das Landesbergamt verlangte einen Sicherheitsnachweis dafür, dass von den Windanlagen keine Brandgefahr, insbesondere keine Waldbrandgefahr, für die 420 Meter entfernte Seilbahn ausgehe. Die Argumente von Herrn Markowsky, dass bislang auf der Welt kein Fall bekannt geworden sei, bei dem Windmühlen als Auslöser eines Waldbrandes identifiziert wurden, und dass auch die äußerst niedrige Prämie für die Haftpflichtversicherung von unter 100 Euro die Ungefährlichkeit der Anlagen belegte, überzeugten nicht. Eine vom TÜV Nord durchgeführte Sicherheitsanalyse bestätigte, dass die verschwindend geringe von den vor einem 300 Meter von den Windkraftanlagen entfernten Ausflugslokal parkenden Autos ausgehende Waldbrandgefahr um ein Vielfaches größer sei als die von den Windkraftanlagen verursachte. Erst nach Vorlage des Gutachtens erfolgte im Frühjahr 2003 die endgültige Baufreigabe. Zu diesem Zeitpunkt glaubte Herr Markowsky, fast am Ziel angekommen zu sein; denn die Bauzeit für die Windkraftanlagen sollte nur 5 Monate betragen.

Widerruf der Baugenehmigung  kurz vor Abschluss des Bauvorhabens

Kurz vor Fertigstellung des Projekts – 4,5 Monate der geplanten Bauzeit waren bereits vergangen – meldete sich der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg zu Wort und brachte sein Missfallen über die Anlagen zum Ausdruck. Der Wirtschaftsminister des Landes wies daraufhin über das Regierungspräsidium die Genehmigungsbehörde der Stadt an, die Baugenehmigung zu widerrufen; zuvor hatte dieser Minister die Baugenehmigung in der Öffentlichkeit noch als rechtmäßig verteidigt. Die Anhörungsfrist für einen belastenden Verwaltungsakt beträgt 14 Tage. Um in dieser Zeit vollendete Tatsachen zu schaffen, ließ Herr Markowsky die Baufirma nahezu rund um die Uhr an der Fertigstellung der Anlagen arbeiten, so dass der Oberbürgermeister Freiburgs die Anlagen am 3. September per Knopfdruck und mit großer Zustimmung der Bevölkerung in Betrieb nehmen konnte. Am 8. Oktober ging Herrn Markowsky der Widerruf der Baugenehmigung zu. Dies hatte schwerwiegende Konsequenzen für das Einwerben der Mittel zur Finanzierung des Projektes zur Folge. Das Kreditinstitut stellte besorgte Fragen und die an dem Vorhaben grundsätzlich interessierten Bürger waren so verunsichert, dass sie sich nur noch ungern an dem Projekt beteiligen wollten.

Vergleichsverhandlungen nach Erhebung einer Untätigkeitsklage führen letztlich zum Erfolg

Der beim Regierungspräsidium eingelegte Widerspruch blieb monatelang unbearbeitet, weshalb Herr Markowsky Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht einreichte. In den nächsten zwei Jahren passierte nichts. In dieser Zeit erlangte die Nutzung erneuerbarer Energien mehr Gewicht. Das Gericht lud beide Parteien schließlich zu Vergleichsverhandlungen ein, die sich über mehrere Monate hinzogen. Im Ergebnis wurde die Genehmigungsdauer, nach der die Verwaltung verpflichtet ist, die Verlängerung der Genehmigung unvoreingenommen zu prüfen, von 25 Jahren auf 22 Jahre herabgesetzt. 2007 war dann das erste Jahr, in dem das Unternehmen ohne bürokratische Hemmnisse betrieben werden konnte.

Stand der Falldarstellung: 2007

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